Manfred Stahnke

Sisyphos (2005)

Sisyphos Strafe in der Unterwelt bestand darin, einen Felsblock einen steilen Hang hinaufzurollen. Immer kurz bevor er das Ende des Hangs erreichte, entglitt ihm der Stein, und er musste wieder von vorne anfangen. Heute nennt man deshalb Aufgaben, die trotz großer Mühen niemals erledigt sein werden, Sisyphus-Arbeit.
„Und den Sisyphus sah ich, von schrecklicher Mühe gefoltert,
Einen schweren Marmor, mit grosser Gewalt fortheben.
Angestemmt arbeitet' er stark mit Händen und Füssen,
Ihn von der Au aufwälzend zum Berge. Doch glaubt' er ihn jetzo
Auf den Gipfel zu drehen, da mit einmal stürzte die Last um;
Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tückische Marmor.“
(Aus der Odyssee (11. Gesang, 593-598), nach Johann Heinrich Voss.)

Zusammen mit den Bildern von Cornelia Geissler habe ich eine Musik für die fünf quintet.net-ler entwickelt, die ähnlich dem Sisyphos egal, was sie spielen, den Fels doch nie zu einem Ruhepunkt rollen können, sondern stetig mit Skalen, Trillern, Figuren immer wieder im Bass landen. Von dort beginnt ihre Reise wiederum in die Höhe, wobei das Zwanghafte des ganzen Ablaufs noch gesteigert wird durch die Automatik eines vorprogrammierten Akkordablaufs: Diese Akkorde, beginnend mit dem größtmöglichen "Klavier"-Umfang, schrumpfen stetig, bis sie bei e1/f1 ankommen.

Link zu den Spielanweisungen (© Manfred Stahnke):

Ausschnitt aus dem Video von Cornelia Geissler